Nachgefragt...
bei Dipl.-Ing Oliver Rathschüler
UVP- Experte
freiland Umweltconsulting ZT GmbH
Wie wird die Öffentlichkeit konkret in den Prozess der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingebunden? Wie kann man sich einbringen?
Es gibt mehrere gesetzlich festgelegte Schritte im Verfahren, bei denen die Öffentlichkeit eingebunden wird.
Erster Schritt ist die öffentliche Auflage der Einreichunterlagen für das Vorhaben. Diese werden auf der Homepage der UVP-Behörde bereitgestellt. Zusätzlich können sie bei der UVP-Behörde und in den berührten Gemeinden eingesehen werden. Während der mindestens sechswöchigen öffentlichen Auflage kann jeder und jede eine Stellungnahme abgeben. Diese muss an die UVP-Behörde des Landes Tirol geschickt werden. Details dazu, wie und wo die Stellungnahmen eingereicht werden können, stehen in der Kundmachung über die öffentliche Auflage, die auch in Tageszeitungen veröffentlicht wird. Für direkt Betroffene ist es wichtig, sich zu diesem Zeitpunkt zu äußern, um ihre Rechte im Verfahren zu wahren; darauf wird in der Kundmachung gesondert hingewiesen. Die Sachverständigen der UVP-Behörde setzen sich dann im Umweltverträglichkeitsgutachten nicht nur mit dem Vorhaben und den Einreichunterlagen, sondern auch mit diesen Stellungnahmen auseinander.
Das von den Sachverständigen der UVP-Behörde erstellte Umweltverträglichkeitsgutachten wird ebenfalls öffentlich aufgelegt. Es kann dann zu diesem Gutachten nochmals ausführlich Stellung genommen werden. Ab diesem Verfahrensstadium steht die Stellungnahmemöglichkeit all jenen offen, die im Verfahren Parteistellung haben.
Bis zur mündlichen Verhandlung kann die UVP-Behörde weitere Möglichkeiten für die Einbringung schriftlicher Stellungnahmen eröffnen. Trifft sie dazu keine Regelungen, kann bis spätestens eine Woche vor der mündlichen UVP-Verhandlung jederzeit eine Stellungnahme abgegeben werden.
Schließlich haben Personen, die als Partei anerkannt sind, auch in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit, ihre Anliegen vorzutragen. Sie können Fragen stellen sowie ihre Anliegen und Einwendungen vortragen.
Neben diesen gesetzlich vorgegebenen Rahmen setzt TIWAG auf die laufende Information der Entscheidungsträger:innen und der Bevölkerung in der Region zur Erweiterung Kaunertal: Von regelmäßigen Infodialogen bis hin zu Infomärkten, bei denen ExpertInnen zu den Projektdetails Rede und Antwort stehen.
Was sind die nächsten Schritte, die im Verfahren zum Ausbau Kraftwerk Kaunertal anstehen?
Ende März 2025 wird das Vorhaben zur Prüfung und Genehmigung bei der UVP-Behörde eingereicht. Dann prüfen die Sachverständigen der Behörde die Unterlagen auf deren Vollständigkeit. Sind sie vollständig, werden die Unterlagen öffentlich aufgelegt.
Wo und wann bekomme ich Informationen zu den Einreichunterlagen?
Im Rahmen der öffentlichen Auflage kann sich jeder und jede die Einreichunterlagen auf der Website der UVP-Behörde, bei der UVP-Behörde und in den Standortgemeinden ansehen. Darüber hinaus wird TIWAG bei zwei Infomärkten am 10. April in Landeck und am 25. April in Imst aus erster Hand über alle Details zur Erweiterung Kaunertal und zur UVP informieren.
An wen kann ich mich als BürgerIn wenden, wenn ich Fragen zur UVP habe?
Erste Ansprechstelle zum UVP-Verfahren ist die zuständige UVP-Behörde. Das ist bei der Erweiterung Kaunertal das Amt der Tiroler Landesregierung. Wichtige Infos rund um die UVP im Allgemeinen gibt es online auf www.tirol.gv.at/umwelt/umweltrecht/umweltvertraeglichkeitspruefung/
bei Dipl. Ing. Christoph Wulz
Energiewirtschaftsexperte TIWAG
Könnte die Erweiterung Kaunertal durch Batteriespeicher ersetzt werden?
Das ist keine Entweder-oder-Frage. Für die Energiewende benötigen wir kurz-, mittel- und langzeitige Speicher. Denn mit dem notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien wie Windkraft oder PV wird der Speicherbedarf sehr stark zunehmen, weil Energie aus Zeiten mit hohen Erzeugungen aus Erneuerbaren Energien und damit temporären Überschüssen in Zeiten mit geringer Erzeugung aus Erneuerbaren Energien verlagert werden muss. Für eine kurzzeitige Verlagerung sind nur verhältnismäßig kleine Speicher ausreichend und damit bilden Batterien hier eine Alternative. Langzeitig – also für die Tages- bis Wochenspeicherung und darüber hinaus – sind aber die (Pump-)Speicherkraftwerke mit ihrer enormen Speicherkapazität ein entscheidender Faktor,
um Wind- und Sonnenenergie in das Energiesystem bestmöglich zu integrieren. Darüber hinaus leisten sie einen wichtigen Beitrag zu stabilen Netzen und damit zur sicheren Stromversorgung.
Es gibt den Vorschlag, im Rahmen des Erweiterungsprojektes Kühtai dort ein zusätzliches Pumpspeicherkraftwerk zu errichten und auf den Speicher im Platzertal zu verzichten. Wie beurteilen Sie diese Idee?
TIWAG hat diese Idee umfassend geprüft. Das Ergebnis: Die vorgeschlagenen Anlagen in Kühtai schaffen keine zusätzlich notwendigen Speicherkapazitäten, um dann Strom in erforderlichem Ausmaß zu liefern, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Umgekehrt können sie bei Starkwindphasen oder hoher PV-Erzeugung die entstehenden Überschüsse in zeitlich nur sehr begrenztem Umfang aufnehmen. Hier würde nur auf eine reine Leistungserweiterung gesetzt, was wir aber dringend brauchen ist Energie und zusätzliche Speicherkapazität. Die vorgeschlagene Idee ist daher mit dem Projekt im Kaunertal nicht vergleichbar.
Ein vereinfachtes Beispiel:
Ein E-Bike hat verschiedene Leistungsstufen. Mit dem EcoModus kann ich mit einer Akkuladung eine viel weitere Distanz zurücklegen als im Turbo-Modus. Warum ist das so? Im Turbomodus benötigt das E-Bike eine höhere Leistung, sodass sich die Reichweite im Vergleich zum Eco-Modus verringert.
Um es auf die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal umzumünzen: TIWAG setzt mit dem neuen Speicher Platzertal auf eine Erhöhung der Speicherkapazität und somit der „Reichweite“, um so die Integration der schwankenden Wind- und PV-Erzeugung auch über längere Phasen bestmöglich bewerkstelligen zu können. Die vorgeschlagene Idee zur Erweiterung im Kühtai würde hingegen nur die Leistung und nicht die Speicherkapazität erhöhen, was quasi einer Reduktion der „Reichweite“ der Speicher im Kühtai entspricht.